Sie stand auf, nahm den Papiervogel in die Hand und entzifferte
mit ein wenig Mühe die Botschaft eines Fremden. „Lass dich nur in keiner Zeit/Zum
Widerspruch verleiten/Weise
fallen in Unwissenheit/Wenn sie
mit Unwissenden streiten“ Wer war
dieser Fremde? Das Publikum verstand nicht so recht, was hier vor sich ging.
Weshalb sie sich nicht bewegte, einfach still da stand und schwieg. Und es
passierte wie von selbst; sie hatte es geahnt. Wenn wir erschöpft sind und unser Körper nicht
mehr kann, dann öffnen wir unser Herz. Wir öffnen es, um es danach wieder so
fest zu verschließen, bis ein Teil darin verloren geht.
pardesi pardesi jaana nahi
Fremder, Fremder, geh nicht
mujhe chhodke mujhe chhodke
Lass mich nicht zurück, lass
mich nicht zurück
pardesi pardesi jaana nahi
Fremder, Fremder, geh nicht
mujhe chhodke mujhe chhodke
Lass mich nicht zurück, lass
mich nicht zurück
pardesi mere yaara vada nibhaana
Fremder, mein Freund, halte
dein Versprechen
mujhe yaad rakhna kahin bhool na jaana
Behalte mich in Erinnerung
und vergesse mich nie
In ihr ist es
nun unglaublich still geworden. Vielleicht war es ein Zustand der Ohnmacht.
Aber vor ihrem inneren Auge ertönte skurillerweise ein altes indisches Lied aus
dem Film Raja Hindustani, das sie beinah
vergessen hatte. Als ob das
vergangene Ich ihrem heutigen Selbst etwas zu sagen hatte. Das überall fremde;
das hin und hergerissene Selbst. Es sprach. Nein, es sprach nicht, es sang.
Aaye ho meri zindagi mein tum bahaar banke
Du bist in mein Leben
gekommen wie der Frühling
phoolon ke mausam mein milne aate hai
Du bist gekommen, um mich in
der Zeit der Blumen zu treffen
patjhad mein panchhi bankar udjaate hai
Und wenn die Blätter fallen,
wirst du zu einem Vogel und fliegst davon
hansti aankhon ko aansu de jaate hai
Aus lachenden Augen kommen nun
Tränen
vaada karke bhi na vaapas aate hai
Du wirst nicht zurückkommen,
selbst wenn du es versprechen würdest
pardesi mere yaara guzara zamaana
Fremder, mein Freund, die
Jahreszeit ist vorbei
use yaad rakhna kahin bhuul na jaana
Behalte dies in Erinnerung,
vergiss es nie!
Sie schaute sich alle so gut wie sie konnte an. Jeden Einzelnen. Wie sie bloß da stand. Das Ich. Klein und zerbrechlich, wie ein Streichholz. Die Anderen waren nicht anders; wie sie auf sie starrten, in kindlicher Erwartung auf ein loderndes Feuer. Lauter winzige Streichölzer. Feuer, Feuer, Feuer. Wir wollen es brennen sehen.
Nicht länger wartend; nicht länger erwartend, nahm sie das Mikrophon in die Hand. Sie war es sich selbst schuldig. Laut und nüchtern, ja, in einem beinah abgeklärten Tonfall, der eher an
Kapitulation erinnerte als an Performance, sagte sie plötzlich: WER SEIN EGO ZURÜCKSTECKT VERDIENT DIE MEISTE ANERKENNUNG.
UND DOCH ERHÄLT ER DIE GERINGSTE.
Es brannte. Und wie.
Wenn auch alles andere scheitert, meine Liebe, wir
scheitern mit.
Wenn auch alles andere scheitert, unsere Liebe tut es nicht.
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