Freitag, 8. März 2013

What’s the ugliness of your body...I think it’s your mind – Eine Kurzgeschichte in memoriam of Princess Hijab



Quelle Unknown.

Mein Dozent rief mich beim Namen und ich ignorierte ihn. Er wusste wie ich heiße, er konnte sich meinen Namen merken, obwohl wir Dutzende waren. Ich wusste nicht warum. Er sah mich an und ich tat so, als ob ich ihn nicht sehen würde. Ich tat so, als ob ich Ihn nicht sehen würde, heißt zugleich, dass ich so aussah, als ob ich ihn nicht gehört hätte und es funktioniert. Witzig, nicht? Was meinen Sie ist in diesen Zeiten wichtiger, der Vor-oder der Nachname? Ich glaube ich bin ein Kontinuum, denn andauernd werde ich mit dem Nachnamen gerufen. Ich repräsentiere etwas, eine Idee, eine Geschichte, ein Familienunternehmen, irgendwas; egal. Mit dem Vornamen präsentiere ich mich. Ich. Mich. Allein. Unter Dutzenden.
Er wollte, wenn er könnte, Ignoranz in meinen Augen sehen, aber er sah sie nicht. Er sah Einkehr und Ehrlichkeit. Soll die Welt mich in sich aufsogen, ich bin nicht für den Mittelpunkt geboren.  Sie wissen, dass ich das nicht kann, habe ich gesagt. Betrügen Sie mich nicht. Aber ich kann das nicht. Alle wissen, dass du es kannst, warum leugnest du es?
Weil ich es nicht bin, die es kann. Ich sehe mich nicht.
Als ich zuhause war, betrachtete ich die Verschnitte. Die Gesichter sprangen aus den Bildern. Begegnungen, sie sind in mir und ich sah sie um mich herum- es gibt sie nicht, die geschlossene Gesellschaft. Man kann nicht nicht kommunizieren. Man kann sich nicht stillschweigend abschotten, freiwillig, unfreiwillig; man kann das nicht, wenn man sich begegnet und wer tut das nicht? Die Anwesenheit des Körpers allein spricht und ich spreche allein deswegen viel zu viel, ohne es zu wollen. Irgendwann konnte ich mich nicht mehr verstecken, sie haben mich gesehen.  Das Geheimnis, es ist enthüllt. Nichts kränkt mehr als ein enthülltes Geheimnis. Es begann in den Fußgängerzonen, morgens. Wenn die Sonne aufging habe ich die Körper ausgemalt. Mit schwarzem Spray. Sie standen zu sehr im Mittelpunkt, ich war sehr darauf bedacht niemanden zu verletzen, aber sie taten es selbst. Mit diesen Bildern. Wer sich selbst leugnet, leugnet irgendwann Begegnungen.
Es hieß, eine Kunststudentin mache die Gegend unsicher.
Gelogen. Ich bin keine Kunststudentin, ich höre Lesungen über die Poesie der Sinnlichkeit, aber ich meide diese Kunst. Diese Kunst sich zu verlieren, diese Kunst, alles als absolut zu sehen, bis man irgendwann nicht mehr weiß, was das eigentlich ist, was man da sieht. Inszeniert. Inszeniert und der Drang sich selbst zu inszenieren; wir sehen abgehakte Gesichter. Wir nehmen uns nicht mehr wahr, obwohl wir uns wahrnehmen. Begegnungen im Stillstand.
Es begann mit Fußgängerzonen und ging weiter mit Einkaufszentren, Parkplätzen, Kneipen, Gefängnisanstalten, Nachtclubs, Hotels, Apotheken,  Irrenanstalten und Striptease-Bars.
Es begann mit Fußgängerzonen und ging weiter mit Einwegtellern, Plastiktüten, Klopapierrollen, Fernseher, Radios, Wecker, Billigt-Shirts und Radiergummis.
Ich male sie alle aus, bis das Gesicht übrig bleibt oder nicht übrig bleibt, denn was ist denn wichtiger als sein Gesicht zu wahren?
Ich verstehe nicht wer mich gesehen haben könnte, ich war mucksmäuschenstill, bewegungslos, diskret, verborgen. Ich habe Gesichter eingeritzt, gemalt, gestrichen, gesprayt, poliert, habe sie alle wiedergeboren und vernichtet.
Ich habe geschrieben, Wörter, untrennbar im Wortlaut, im Klang so deutlich, so ungekünstelt, wir der erste Ton der Welt.
Es hieß eine Künstlerin collagiert die Welt mit ihren dunklen Streichungen und bunten Worteinschüben; Begegnungen die gefehlt haben, Begegnungen die wir alle kannten, aber für verloren geglaubt hielten.
Wenn du etwas willst, mach mich zum Feind und hol es dir. Hol es dir und MACH MICH;
DENN ICH WERDE GEMACHT, WENN ICH ANDEREN DAS MACHEN ÜBERLASSE.
Dass sie irgendwann meinen Namen kennen würden ist Tragik.
Ich höre nicht auf diesen Namen, denn sie haben ihn auswendiggelernt.

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