Dienstag, 27. Januar 2015

„SOS oder so!“


Und dann sitzt du da/ versetzungsgefährdet/ vor diesem Haufen Arbeit/ vor diesem Dutzend konserviertem Tun/ Fisch/ Fies ist das!/  So so so fies/“SOS oder so!“/ Versendest du das/ Als Tweet für den Sitznachbar/ Er soll dich hier raus holen!/ Aus dem Text/  Auß er dem Rand und Band/ Aus der Bibliothek/(Sonst fallen noch Mahngebühren an)/ Nix da!/ Nix da!/Mahnt er dich an/ Setz dich!/ Du bist heut/ Noch lang nicht fertig/ Brust raus, Frust rein!/ Kopf hoch, Magen klein!/ Du musst/musst/ darfst/ neue Massstäbe setzen/ Halt dich/ Das Recht hast du/ Neu zu schreiben/ aber bitte an die Rechtschreibregeln!/ Maß = Setzen!/ Dein Sitznachbar tuschelt/ Der Tweet wurde retweetet/So oder so/ Das Leben wird heiter/ Schreit er/ Bist du bereit/ Für noch mehr Arbeit?/ Breit, brei und noch bereiter!/ Wie auch immer /wir bleiben uns treu/ Du suchst und suchst/ die richtigen Ziffern/ die richtigen Worte/ und den richtigen Betreuer/ Leitung besetzt/ Mailbox/ Grund sei/ das einhundertste Essay/ Ganz oben klebt der Zettel/ Mit der Message: Bin auf Massage/ kann nix dafür/ Das Burö liegt in Fetzen!/Wir drucken dir den Daumen/ aber bitte nicht verpetzen!/ So, so sagst du dir/ Dann bist du wohl mit diesem Haufen Arbeit/ allein/ Gelassen/ Was solls/ Schön die Sitzbank drücken/ Und vorher ein paar Zeilen/ "Aus dir kann nix mehr werden"/ überbrücken/ Never/ for/ ever/ Du bist eh schon/ fix und fertig/ (Also doch noch was)/ geworden.



 

Samstag, 24. Januar 2015

Mehr Gefühl, bitte! - Zur Frage, ob wir Deutschen zu abgeklärt sind

Den Deutschen wird ja nachgesagt, dass sie ihre Gefühle nicht so offenkundig zeigen, wie Angehörige anderer Nationen. Als ich im Regal eine Ausgabe von Roland Barthes „Fragmente einer Sprache der Liebe“  entdeckte, wurde mir nach wenigen Seiten schummerig zumute. Ich spürte ein leichtes Unbehagen. Irgendwie scheint es mir, dass wir immer weniger mit der Sprache der Liebe anfangen können. Wo ist unser heiß geliebter Goethe hin? Und wo sind Hölderlin und Rainer-Maria Rilke verborgen? All die Liebesbekundungen, der Herzschmerz, die obsessiven Gefühlsausbrüchen, die wir ernst nehmen wollen. Sie sind weg. Das Land der Dichter und Denker scheint immer weniger Goethes zu kennen und immer mehr Charlies. Gefühle werden zwar artikuliert und inszeniert, aber erst derjenige, der sich über die Gefühle anderer lustig machen kann, ist ein Held? Man kann sich zwar einen sensiblen, leidenschaftlichen, intellektuellen Künstler in einer Buchhandlung oder in einem Literaturcafe vorstellen, aber nicht in der Mitte der Gesellschaft, nicht als Vorbild für die Masse. Also so jemanden, auf den das ganze Land stolz sein kann, der nicht als bloßer Showmaster gilt, sondern als deutsche Identifikationsfigur, als Volksheld. Der Glaube an „Das Wahre, Schöne, Gute“, der heute noch als Leitspruch über der Alten Oper in Frankfurt eingemeißelt ist, gilt als Denkmal vergangener Zeiten. Das gibt es nicht mehr. Gefühle sollen vernünftig klingen. Das romantischste, was ich heute gelesen habe, kam von einem britischen Jungen. Auf die Frage einer Mitschülerin, ob er sie möge, antwortete er:
"Ich weiß nicht. Ich kenne mich selber noch nicht. Außerdem stehe ich zu Hause gerade auch ziemlich unter Stress, deshalb kann ich es wirklich nicht sagen. P.S.: Man kennt sich selber nicht, bis man 18 ist."
So viel Selbstkritik, so viel Ehrlichkeit: Das könnte ein Deutscher gewesen sein! Aber an solchen Tagen wie diesen, wo es draußen schneit und mir mit einer heißen Tasse Schokolade ganz warm ums Herz wird, frage ich mich ob wir Deutschen wirklich so gefühlskalt und abgeklärt sind, wie ich fürchte. Vielleicht kann Barthes mir ja die Antwort geben. Zumindest schneit es auch noch hier bei uns in Deutschland. Das ist doch mal was ;-).



Freitag, 16. Januar 2015

Stelle die Fragen

Stelle die Fragen
Fragen nach dem Wind
Atme den Nebel ein
Um ihn für immer
Verblassen zu lassen
Spring in das kalte Wasser
Und lerne tiefseetauchen 
Entdeckung im Vorübergehen
Hochgebauter Burgpaläste
Ziehe in die fremde Stadt
Voll verdorbener Vogelbeeren
Um gegen ihr innewohnendes Gift
Immun zu werden
Vergiss deinen Schweiß der Nacht
Hinter Zäunen aus Stahl
Schaue aus dem Fenster
Wo lauter Felder grün erblühen
Beziehe die Betten neu
Trage deinen Namen
Als Mosaikgestein auf der Brust
Zerpflücke die Sträuche
Lass den klebrigen, zähen
Leim auf der Mauer liegen
Kenne Seine stärksten Namen
Und erlebe das Ziel neu
Ertrage die Melodien
Auch wenn es weh tut
Spüre die ungewohnte Weite
Verschiebe die Grenzen
Koste frische Nahrung im Gebet 
Wo Liebe den Horizont belebt
Es ist nie zu spät
Die Richtung zu halten
Es ist nie zu spät
Den Weg zu beweisen
Stelle die Fragen
Nach dem Wind