Dienstag, 4. Juni 2013

Leicht


Es ist so leicht ein Bild zu zeichnen. Wir werden gezeichnet, zeichnen uns selbst und malen mit allerlei Farben. Ab und zu kommt es auch vor, dass wir sie unterzeichnen. Alles beginnt mit einem ersten Umriss; mit dem Versuch einer Annäherung an eine Idee. An einen Zustand der Welt. Sie hörte es einst singen Look at me/ Autogramme vis à vis/ Gegenüber einer Welt/ Deren Umriss uns gefällt.[1] Mit der Realität hat das nicht zwingend etwas zu tun; eher vielleicht mit einer Fotomontage der Imagination. Und während sie, mehr oder weniger unsichtbar, den Straßenkünstler dabei beobachtete, wie er, auf ein Foto blickend, darum bemüht war seine Sicht des Fotos sichtbar zu machen, klopfte ihr jemand auf die Schulter. Das war ein langsamer Satz, doch sie erschrak.
Du beobachtest jemanden, der selbst jemanden beobachtet und wirst dabei beobachtet. Obskur, aber nichts anderes als die realste Realität.
Sie drehte sich um. Dort stand eine verschleierte Frau, die ihr einen eindringlichen und entschiedenen Blick zuwarf. Da war nichts anderes, nur dieser Blick. 

Wir kennen uns. Sie haben ein Bild von mir gezeichnet. Du weißt es. Du kennst dieses Bild und du kennst mich. Und du kennst die Wahrheit. Sieh sie dir an.

Der erste Mensch, der den Islam annahm, war eine Frau, zeigte sie ihr als erstes. Doch da war mehr.
Der erste Mensch, der umgebracht wurde, nur weil er an den Gesandten Gottes, Muhammad (saw), und an einen einzigen, gerechten Gott glaubte, war eine Frau.

Frauen gehörten zu jenen Gläubigen, die nach dreizehnjähriger Verfolgung und nach der Auswanderung aus der Heimat, Standfestigkeit und Tapferkeit bewiesen; manche, [2] indem sie in den Krieg gezogen ihre körperliche Schwäche überwindeten, um mit ihren eigenen Kräften die Minderheit der Gläubigen zu beschützen.

Da waren Frauen, die als Gelehrtinnen galten, die enormes Wissen an die nächsten Generationen vermittelten; das Fundament des Glaubens mitbildeten.

Heute solltest du den Ǧihād der Feder [3] antreten; du solltest mit der Schrift zeigen, was Bilder nicht mehr zeigen können. Die Manifestation Seiner Zeichen.Und du solltest beten.
Lass es nicht zu. Lasse sie nicht weiter zeichnen.
Zeige dich.

Sie hatte verstanden, denn dieser Blick war der Ihrige.


[1] Song von der Band Tocotronic („Hi Freaks“)
[2] Man denke an Umme Ammaarah oder die Kriegerin Khola
[3] Ǧihād steht hier für eine geistige und vernunftgemäße Anstrengung 

Copyright Al-Hub

2 Kommentare: